Zum Download: Brandbrief_GEB_S_01.12.25
Stuttgart, 01.12.2025
Brandbrief des GEB Stuttgart:
Stoppen Sie den doppelten Kahlschlag in der Stuttgarter Bildung!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Nopper,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Fezer,
sehr geehrte Frau Ministerin Schopper,
sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderats und des Landtags,
als Gesamtelternbeirat (GEB) der Stuttgarter Schulen vertreten wir die Interessen und Sorgen aller Eltern von Schülerinnen und Schülern in der Landeshauptstadt. Wir beobachten mit Fassungslosigkeit, wie derzeit von zwei Seiten gleichzeitig an den Grundfesten der Stuttgarter Bildung gesägt wird.
Wir fordern Sie auf: Lehnen Sie die Schließung der Werkrealschulen ab und korrigieren Sie diesen verheerenden Sparhaushalt.
- Die Schließung der Werkrealschulen ist ein pädagogischer Fehler
Die Verwaltung nennt die Schließung der Werkrealschulen (WRS) „mutig“. Für uns ist sie fahrlässig. Es geht hier nicht nur um Zahlen in Eingangsklassen, sondern um Bildungsgerechtigkeit.
- Ignorierte Realitäten:
- Der Fokus auf Anmeldezahlen in Klasse 5 ist kurzsichtig. WRS fangen ab Klasse 6 und höher viele Schüler auf, die an anderen Schularten scheitern.
Wohin sollen diese Kinder künftig? - Inklusion wird an keiner anderen Schulart so gelebt. Eltern wählen die WRS auch deshalb.
- Verlust des Schutzraums: WRS leisten durch das Klassenlehrerprinzip und kleinere Gruppen eine enge Beziehungsarbeit, die Realschulen und Gemeinschaftsschulen strukturell oft nicht bieten können. Wer diese Schulen „einfach so“ schließt, nimmt Schülern mit Förderbedarf, Sprachbarrieren oder schwierigen Biografien ihren Schutzraum.
- Fehlendes Konzept: Realschulen sind bereits überlastet, Differenzierung findet oft kaum statt. Gemeinschaftsschulen erfordern viel Selbstorganisation. Diese Kinder dort einfach „einzusortieren“, bedeutet, sie dem Risiko des Schulabbruchs auszusetzen. Wir sprechen von unseren Kindern, nicht von verschiebbarer Verwaltungsmasse.
- Der Sparhaushalt gefährdet die „Beschulbarkeit“ an sich
Parallel zu dieser Strukturreform plant die Stadt massive Kürzungen im Bildungsbereich. Das ist ein Armutszeugnis für eine angeblich kinderfreundliche Stadt.
- Falsche Prioritäten: Nachdem jahrelang bei hohen Einnahmen „auf Verschleiß gefahren“ wurde, soll nun kaputtgespart werden. Jeder Euro, den Sie hier streichen, verursacht ein Vielfaches an Folgekosten – schon rein baulichen Kosten, von den sozialen ganz zu schweigen.
- Substanzverlust: Dringende Baumaßnahmen werden gestrichen. Diese waren als Grundinstandsetzung notwendig, keine „Verschönerung“ sondern zur Sicherstellung des Unterrichtsbetriebs. Viele Schulen operieren nur noch mit Notlösungen.
- Zynismus: Es wirkt zynisch, wenn Sie einerseits teure Strukturveränderungen (Umbau Sekundarstufe) planen, aber andererseits kein Geld für den Erhalt der bestehenden Bildungs-Infrastruktur haben. Nun wird schon am Stuttgarter Gantztags-Konzept der Grundschulen gesägt, das noch unlängst stolz und überregional präsentiert wurde.
III. Die Synthese: Ein Dach ohne Fundament
Sie reißen mit der WRS-Schließung eine Säule ein, während Sie den Schulen durch den Sparhaushalt den Boden unter den Füßen wegziehen. Strukturreform und Sparhaushalt schließen sich gegenseitig aus. Man kann nicht das Schulsystem umbauen, wenn man nicht einmal die Ressourcen hat, den Ist-Zustand zu erhalten.
Das ist keine „Bildung mit Plan“, das ist Blindflug.
- Forderung nach Mut und Transparenz
Wir erleben seit über einem Jahr, dass Entscheidungen intransparent und ohne echte Beteiligung der Betroffenen getroffen werden. Das ist ein Demokratiedefizit und schafft Politikverdrossenheit.
Wir fordern von Ihnen als politisch Verantwortliche:
- Stoppen Sie den Verwaltungsvorschlag zur WRS-Schließung.
- Nehmen Sie die Kürzungen bei Schulbauten und -ausstattung zurück.
- Erhalten Sie die gut funktionierenden Schul-Konzepte im Ganztag.
- Sorgen Sie für Klarheit für die 4. Klassen – deutlich vor Weihnachten.
Einladung zum Krisengespräch
Da man komplexe Probleme nicht per Aktenlage löst, laden wir Sie ein:
Vollversammlung des Gesamtelternbeirats – Dienstag, 02.12.2025, Rathaus Stuttgart, Kleiner Sitzungssaal. Wir werden ab 19:00 Uhr über die Werkrealschulen sprechen. Hören Sie sich die Stimmen der Eltern an. Eine Entscheidung gegen den Willen der Schulgemeinschaft und ohne finanzielle Basis wäre fatal.
Mit erwartungsvollen Grüßen
Der Vorstand des Gesamtelternbeirats Stuttgart